Die Kunst von Nick Waterhouse entspringt einer simplen Idee: Jeder möchte eigentlich jemand anderes sein. Van Morrison, einer seiner Helden, begann seiner Karriere damit, Bobby Bland zu covern, dessen eigenes musikalisches Idol wiederum Nat “King” Cole war. Waterhouse betrachtet das Nacheifern als Reise: Man erreicht sein Ziel zwar niemals wirklich, aber — wie es der Gitarrist und Songwriter formuliert — “auf dem Weg findet man zu sich selbst.“
Nick wurde 1986 geboren und wuchs in Huntington Beach auf, in erster Linie bekannt für das Martial-Arts-Spektakel UFC, als wirtschaftlicher Hotspot der Surfszene und für seine Bräunungsstudios. Seine musikalischen Vorlieben entwickelten sich inmitten der aufkeimenden südkalifornischen Psychedelic und Garage Rock Szene (Burger Records, Ty Segall, McHugh’s Distillery Studio), wobei er stets seine ganze eigene Perspektive auf den klassischen amerikanischen Rhythm & Blues und Rock & Roll beibehielt.
Seine ersten Auftritte absolvierte Waterhouse bereits als Teenager. “Meine wahre Motivation war die Angst”, erinnert er sich. “Ich bin ziemlich introvertiert, also fühlte ich mich vor Publikum eher unwohl. Es war eine bewusst herbeigeführte Ausnahmesituation.” Der junge Künstler erfuhr dabei ein Gefühl, das er nie zuvor und auch seither auch nirgendwo sonst als auf der Bühne erlebt hat. “Es ist ein Gefühl gesteigerter Wahrnehmung, das über reines Glücksempfinden hinausgeht,” erklärt Waterhouse. “Es hat etwas damit zu tun, in der Zeit zugleich vor und zurück zu blicken. Man wird dafür nicht sofort belohnt; die eigentliche Belohnung, sind die Möglichkeiten, die sich einem dadurch eröffnen.”
Eine Idee, die Waterhouse auch auf der Single “Some Place” erkundete, jener Single, die ihm den Durchbruch bescherte, einem wundervoll reduzierten, vorwärtstreibenden Track – aufgenommen im komplett analogen Distillery-Studio und 2010 in Eigenregie auf seinem Label Pres veröffentlicht. „Well, there’s some place that I’d rather be,“ sang Waterhouse darauf mit jener für ihn typischen Mischung aus leidenschaftlichem Kläffen und klagendem Geheul.“ And it’s something that’s been on my mind almost constantly.“
Längst ist Waterhouse ein erfolgreicher Künstler, der nicht nur ein gefeiertes Debüt-Album, sondern auch diverse vielbeachteten Touren und Kollaborationen vorzuweisen hat. Aber auch seine jüngsten Songs verkörpern noch immer das Ringen und Mühen seiner frühen Arbeiten. In “This Is A Game” verkuppelt Waterhouse ein grantiges Post-Surf-Gitarrensolo mit dem lakonischen Statement einer zynischen Prognose: „This is a game / Please remember my words / And don’t get upset when you don’t get what you think you deserve.“ Und in der düsteren Soul-Nummer “Let It Come Down” meditiert er über die Unabdingbarkeit des Schmerzes. „If there’s gonna be rain tonight,“ gibt der da den stoischen Crooner,„let it come down.“
Angesichts solcher Songs ist klar, dass Waterhouse auf dem besten Weg ist, sich selbst zu finden. Er ist niemand, der sich in völliger Ekstase ergeht, wie Van Morrison, oder in vollendeter, stimmlicher Zurückhaltung, wie Mose Allison. Aus der Spannung zwischen seinen ironischen Texten und seinen spröden Arrangements spricht ein abgeklärter Skeptiker, der — wenn es um seine Musik geht — dennoch ein hingebungsvoller Überzeugungstäter ist. Wer oder was er auch immer sein wollte, ist längst nicht mehr von Bedeutung, denn inzwischen klingt er einfach nur wie Nick Waterhouse.
Holly wurde im März 2014 bei Innovative Leisure veröffentlicht