Die Soul-Legende Lee Fields hat sich für Emma Jean, sein neues Album das im Mai 2014 bei dem Brooklyner Label Truth & Soul Records erschien zum dritten Mal mit The Expressions zusammengetan. In einer Zeit, in der immer mehr neue Künstler versuchen, den ursprünglichen Soulsound der 1960er nachzuahmen, ist Lee Fields noch immer eine Klasse für sich, seine Authenzität sucht auch auf den elf Songs von Emma Jean weiterhin ihresgleichen. Die erste Single-Auskopplung “Magnolia” — eine neue Version des Songs von JJ Cale und zugleich eine Verbeugung vor kürzlich verstorbenen, großen amerikanischen Songwriter und den von ihm mitentwickelten Tulsa Sound.
Seit Veröffentlichung seines ersten Albums im Jahr 1969 hat Fields in den letzten 45 Jahren nie aufgehört Musik zu machen. Und da er den größten Teil seines Lebens nonstop auf Tour war, ist es klar, dass sich Fields sowohl als Album- wie auch als Bühnenkünstler immer alles gegeben hat.
Emma Jean ist der Nachfolger von Fields’ ersten beiden Alben auf Truth & Soul, My World (2009) und Faithful Man (2012) – die vom MOJO-Magazin beide in die Liste der besten 20 Alben des Jahres gewählt wurden — und es zeigt Lee Fields and The Expressions sogar noch souliger und unverwechselbarer als zuvor, mit einem Sound, der reif und verwegen zugleich ist. Statt sich auf seinem Status als Säulenheiliger des Soul auszuruhen, taucht Fields noch tiefer in seine geliebte Soulmusik ein, begeht neue Wege und stemmt sich mit Verve und Leidenschaft gegen ihre Grenzen.
Auf Emma Jean hat Fields Songwritng noch einmal an Eleganz und Weisheit zugelegt. Begleitet von einer croonenden Gitarre und klagenden Bläsern, singt er auf “Don’t Leave Me This Way” davon geliebt, verloren und gelernt zu haben, während sein unverkennbarer Gesang auf “Just Can’t Win” von ausgeklügelten Arrangements und einer Hochglanz-Produktion in Szene gesetzt wird. Emma Jean wurde in Teilen in Nashville im Studio von Dan Auerbach von den The Black Keys’ aufgenommen und gemischt und überrascht unter anderem mit Elementen von Country-Soul und Blues-Rock, die insbesondere auf dem von Auerbach geschriebenen “Paralyzed” sofort ins Auge fallen. Das verleiht dem Sound eine neue Dimension, aber da Fields in North Carolina geboren wurde und auch dort aufwuchs, liegt ihm der Southern Soul im Blut, weshalb Emma Jean dann auch schlüssiger Weise nach einer konsequenten Weiterentwicklung klingt.
Wie bisher alle Veröffentlichungen die aus dem unvergleichlichen Zusammenspiel von Fields’ warmem, rohem Gesang und dem dynamischen, messerscharfen Spiel von The Expressions hervorgingen, kleidet auch Emma Jean die Soulmusik in ein vertrautes aber modernisiertes Gewand. »Er ist 63 Jahre alt«, erklärt Leon Michels, Fields’ Produzent und Miteigner von Truth & Soul, auf dessen Konto auch die Produktion von Aloe Blaccs weltweitem Hit-Album Good Things geht. »Er ist unglaublich fokussiert, hat nonstop gearbeitet — und er singt besser als je zuvor.«
BIOGRAFIE
Wir schrieben das Jahr 1967, und Lee Fields hat gerade ein Set im Tom Woodards beendet, einer hauptsächlich von Schwarzen besuchten Spelunke, die etwas außerhalb seines Geburtsortes Wilson in North Carolina im Wald versteckt lag. Es war einer dieser rauen Schuppen ohne Ausschanklizenz, wo am Wochenende die HüJe brannte und halbherzige AuoriJe keine Chance haJen. Entweder man gab alles, oder man kam gar nicht erst auf die Bühne.
Fields war damals erst 16 Jahre alt, als ihm dort ein elegant gekleideter Herr seine Visitenkarte mit einer New Yorker Adresse reichte und ihm erklärte, dass dies der Ort sei, an dem er singen müsse. Der Mann hatte recht. Wenn Fields so groß werden wollte, wie seine Helden Otis Redding, James Brown und Percy Sledge, dann würde er seine drei Geschwister und das Häuschen, für das sein Vater, der Bauarbeiter, lange Jahre geschufftet hatte, zurücklassen müssen.
Kaum, dass Fields siebzehn geworden war, folgte er dem Ratschlag des gutgekleideten Herrn und machte sich auf den Weg nach New York. Als er dort ankam, besass er noch ganze zwei Dollar. Wie sich herausstellte, kam er genau zum richtigen Zeitpunkt. Der gutgekleidete Herr, Fred Williams, plante noch am selben Abend zu heiraten und mit seiner Frau zusammenzuziehen. Er überredete seine Vermieterin, sein bisheriges Apartment für hundert Dollar im Monat an Fields zu vermieten.
Auf der Hochzeit lernte Fields einen Kerl in seinem Alter kennen, der ihn nach der Feier in einen örtlichen Club mitnahm. Lee enterte die Bühne und sang den Southern Blues. Ungläubig registrierte er die Reaktion des Publikums: Die Menschen warfen ihm Geld vor die Füße. Am Ende des Abends hatte er die Miete für einen ganzen Monat und sogar noch ein bisschen Geld zum Verjubeln verdient. In den folgenden Wochen sang und tanzte er in einigen der angesagtesten Clubs der Stadt.
Dieser vielversprechende Start führte ihn zwar nicht auf direktem Weg zu Starruhm, aber er begründete eine solide Karriere als professioneller Sänger, die inzwischen über fünfzig Jahre währt. Abgesehen von einem kurzen Abstecher in die Immobilien-Branche während der Soul-Musike-Flaute in den 80ern, hat Fields seit seiner Ankuno in Brooklyn unermüdlich auf der Bühne und im Studio gestanden.
Kurz vor seinem neunzehnten Geburtstag heiratete Fields und konzentrierte sich von da an ausschließlich auf seine Musiker-Karriere. Dreiundvierzig Jahre danach ist er immer noch mit derselben Frau liiert, mit der er drei Kinder hat. Seine erste Single „Bewildered“ erschien 1969 auf dem Label Bedford Records und ist heute ein vielgesuchtes Sammlerstück.
Während der 70er-Jahre legte Fields mit einer Reihe von Hard-Funk-Singles für diverse längst verblichene Labels nach und veröffentlichte 1979 schließlich sein erstes Album. Für besonders gut erhaltene Exemplare von „Let’s Talk It Over“ bieten Sammler im Internet schon mal drei- oder vierstellige Summen. Sein Talent bescherte ihm damals Auftritte an der Seite aller möglichen großen Stars, darunter Legenden wie Kool & The Gang oder Sammy Gordon & the Hip Huggers.
Die 80er sollten sich für Lee als schwierige Zeit herausstellen. Nur wenige der klassischen Soul-Künstler konnten in der Disco-Ära an ihre früheren Erfolge anknüpfen, denn wer den Soul in dieser Dekade nicht zum Drum-Computer sang, galt als überholt. Fields gelang es, sich dem Zeitgeist zumindest soweit anzupassen, dass er es in Europa mit drei Dance-Songs in die Charts schaze, aber wirklich wohl fühlte er sich dabei nicht, also versuchte er eine Zeitlang sein Glück in der Immobilien-Branche.
Dank des Funk- und Soul-Revivals Anfang der 90er musste Fields zum Glück nur wenige Jahre warten, bis er zu seinen Wurzeln zurückkehren konnte. Nach dem aufgesetzten Synthie-Soul der 80er gierte das Publikum wieder nach etwas Authentischerem. Mite der 90er unterzeichnete Fields bei Ace Records und veröffentlichte dort drei Alben.
Schließlich wurden Phillip Lehman und Gabriel Roth auf Field aufmerksam, die 1996 ihr Label Desco Records gegründet hatten. Ihre Mission war es, den unverfälschten Soul der 60er- und Funk der 70er-Jahre wieder indem sie Vinylsingles von Sharon Jones, Sugarman 3 und vielen anderen Künstlern veröffentlichten. Fields nahm für sie eine Reihe von Songs mit ihrer Haus-Band auf, den Soul Providers, und damit begann das produktivste Kapitel seiner Karriere.
Im Jahr 2000 entstanden aus der Asche von Desco Roths Daptone und Lehmans Soul Fire Label. Einer der Soul Providers, Leon Michels, der mit Fields auf Tour gewesen war und mit 16 die Band Mighty Imperials gegründet hatte, die ebenfalls auf Desco veröffentlichten, rief 2004 gemeinsam mit Jeff Silverman das Label Truth & Soul ins Leben und einer der ersten Künstler, um den sie sich bemühten war Lee Fields.
So begann ein fünfähriger Prozess, an dessen Ende schließlich Lees, mit den Expressions, der Hausband von Truth & Soul , eingespieltes Album „My World“ stand, das 2009 veröffentlicht wurde. Stilistisch erinnert „My World“ an Bands wie The Moments, The Stylistics, The Delfonics und natürlich an James Brown. 2012 veröffentlichten Lee Fields & the Expressions das von der Kritik gefeierte Album „Faithful Man“, das im Mojo Magazin unter die 20 besten Alben des Jahres schaffte und von Pitchfork in den höchsten Tönen gelobt wurde. Das Vice Magazin nannte Lee den „coolsten Motherfucker, der Worte in ein Mikrofon singt.“
Mit 63 Jahren hat sich Lee Fields zum dritten Mal mit den Expressions zusammengetan und „Emma Jean“ (nach seiner Mutter) eingespielt, ein elf Songs umfassendes Album, produziert von Leon Michels und Album Nummer drei für Truth & Soul Records.
Die erste Single-Auskopplung war eine runderneuerte Version von JJ Cales „Magnolia“ und wie bisher alle Veröffentlichungen, die aus dem unvergleichlichen Zusammenspiel von Fields’ warmem, rohem Gesang und dem dynamischen, messerscharfen Spiel von The Expressions hervorgingen, kleidet auch Emma Jean die Soulmusik in ein vertrautes aber modernisiertes Gewand.
„Uns geht es nicht darum, etwas zu reduplizieren, was es bereits gibt“, erklärt Field. »Wir wollen erneuern, aus dem Kern dessen schöpfen, was die Musik ausmacht,.“