John Milk wurde 1985 in eine musikalisch nicht sonderlich versierte Familie hineingeboren. Er kam das erste Mal mit Musik, speziell mit schwarzer Musik, durch die Plattensammlung seines Vaters in Berührung, die sich größtenteils aus Country und Chicago Blues zusammensetzte.
»Wenn ich beschreiben müsste, was Musik für mich im Alter von 10 Jahren war, dann wohl am besten mit dem Namen John Lee Hooker. Und besonders mit einem Song: „Rainy Days“, aus dem Album „Don’t look Back“. Die Atmosphäre dieses Blues, das Karma John Lee Hookers hat mich gepackt! Für meine jungen Ohren, die auf komplizierte Musik noch nicht geeicht waren, war das der perfekte Sound. Er ging durch die Ohren direkt in den Bauch. Es war unkompliziert. Rückblickend auf diese Erfahrung denke ich, dass diese Art Musik zu machen, immer der Grundpfeiler meiner eigenen Kompositionen geblieben ist. Nämlich Musik für die einfachen Leute zu machen und immer vom Groove auszugehen.«
Im Alter von 12 Jahren befasste sich John Milk näher mit dem, was bis dahin pure Intuition für ihn war: singen. Wie viele Kinder in seinem Alter nahm er an der Schule Musikstunden, und hatte dort die Gelegenheit, einen sehr außergewöhnlichen Lehrer zu treffen, der seine musikalischen Vorstellungen bestätigte.
»Sein Name war Mr. Kasimo. Ein großer schwarzer Mann, den alle Schüler respektierten. Auf meiner Schule ging es ziemlich rau zu und viele von uns machten sich nichts aus Lernen. In Frankreich lernen wir im Musikunterricht normalerweise zuerst, die Flöte zu spielen. Aber dieser Typ pfiff darauf. Er saß an seinem Klavier und brachte uns bei, Lieder wie „Ready or Not“, „You say Yes“ und „Yesterday“ zu singen. Ich weiß noch, dass wir uns bei der Prüfung vor das Klavier stellen und den Song singen mussten. So stressig das auch sein konnte, ich habe es geliebt. Schließlich sagte er mir, dass ich etwas mit meiner Stimme anfangen sollte. Das machte mich zwar glücklich, aber ich wusste nicht wirklich, was ich tun sollte.«
John Milk ist in der Pariser Vorstadt aufgewachsen, wo damals vor allem HipHop angesagt war. Begeistert von den Wu-Tang-Produktionen, die auf analogen Samples von 60s-R&B basierten, beschloss er mit achtzehn, sein eigenes Studio mit analogem Equipment aufzubauen, mit einer Bandmaschine und Mikrophonen aus den 70ern für Live-Aufnahmen.
Er wollte einen rohen, groovigen Sound kreieren, ganz egal, was andere Produzenten taten. In dieser Zeit lernte er ein paar Musiker kennen, die total auf 70er-Jahre-Reggae abfuhren. Nachdem er tief in den Sound jamaikanischer Studios wie Studio One und Channel One eingetaucht war, gründete er schließlich sein eigenes Label: KA Records.
Seine live eingespielten Studioaufnahmen presste er auf 10inch- und 7inch-Singles. Er trat live als Support-Act für so bekannte jamaikanische Künstler wie The Abyssinians, The Congos oder Horace Andy auf. Seine Platten im Stil des Jamaican Soul der 70er wurden in Großbritannien, Japan und den meisten europäischen Ländern verkauft.
John Milks erster Versuch
Während John immer noch Reggae produzierte, wurde er von Patchworks (Mr. President of Uptown Funk Empire) einem französischen Soul Provider kontaktiert, der John auf einer seiner Produktionen singen lassen wollte.
»Ich wusste, Patchworks war verrückt nach Curtis Mayfield, speziell nach seiner Falsett-Stimme. Ich wollte unbedingt, dass er mich für eine Platte engagiert, also legte ich mein bestes Falsett hin. Ihm gefiel mein Song und so veröffentlichte ich meine erste 7inch-Single als John Milk. Sie hieß „Choose your friends“ und erschien bei Big Single.
Nachdem er nun fünf Jahre Roots-Music produziert hatte, begeisterte sich John Milk mehr und mehr für jene Musik, die, wie er erkannte, die ursprüngliche Quelle des jamaikanischen Soul war: amerikanische Soul Music. Er nahm ein Demo auf, das später Teil des Albums „Treat me right“ werden sollte. Damit ging er zurück zu Patchworks, um ein Feedback auf seine Arbeit zu bekommen.
»Mir war immer noch wichtig, die Musik selbst zu komponieren und produzieren, denn ich war überzeugt, dass wir über den Prozess des Komponierens und unsere Aufnahme-Methode unseren eigenen Sound finden würden. Ich wollte nicht bloß die klassischen Schablonen des Soul kopieren, sondern die Komposition von meinen Gefühlen leiten lassen. Aber ich brauchte unbedingt eine zweite Meinung zu diesem neuen musikalischen Experiment. Deswegen ging ich zu einem der besten Soul-Produzenten des Landes: Patchworks.«
Völlig begeistert von dem Projekt schlug Patchworks vor, die Songs zu mixen und motivierte John Milk, neue Stücke zu komponieren und aufzunehmen.
»Er war für mich da. Er hat mich immer respektiert und nie versucht, mir in meine Entscheidung bezüglich der Musik reinzureden. Was er allerdings tat, war mir Ratschläge zum Arrangieren und Mixen von Titeln zu geben. Im Gegenzug habe ich in seinem Auftrag Songs für Labels wie Big Single oder Favorite Records eingesungen.«
Mit 26 zog John Milk von Lyon nach Paris. Dort traf er andere Produzenten, die gerne mit ihm aufnehmen wollen. Blundetto, eine Pariser Produzentenlegende und Musikchef des Kultsenders „Radio Nova“ und Guillaume Mettenier vom Musikerkollektiv Soul Sugar, sowie Tourmanager von Doctor Lonnie Smith, nahmen einige Tracks mit John Milk für ihre demnächst anstehenden Singles und Alben auf. 2014 hörten dann Underdog Records von John Milk und seinem Demo. Ein paar Monate später beschlossen sie, es zu veröffentlichen.
»Ich kann mich glücklich schätzen, über all diese Chancen, die sich in jüngster Zeit für mich ergeben haben. Ich freue mich darauf, ein tolles Album zu veröffentlichen und es mit möglichst vielen Live-Auftritten zu promoten. Außerdem habe ich diverse Songs auf den Alben anderer Produzenten veröffentlicht und arbeite gerade an Soundtracks fürs Kino!«
Hoffen wir, dass dieser Groove niemals endet!
Das Album „Treat Me Right“ erscheint am 11. September 2015 bei Underdog Records im Vertrieb von Groove Attack