Nico Yaryan – What A Tease

Über den Song „Just Tell Me“ sagt Nico Yaryan: „Ich fühlte mich gerade sehr von meiner Fernbeziehung belastet, als ich ihn schrieb. Meine Freundin wohnte in Amsterdam, der letzte Besuch war zu lang her, aber mir fehlt das Geld für einen Flug. Ich kam mir egoistisch vor, weil ich nach LA gezogen war, um Musik zu machen. Eine Beziehung mit jemandem auf der anderen Seite des Planeten zu führen und zu pflegen ist viel Arbeit. Ich habe viele unserer Skype-Dates verpasst und war einfach nicht so für sie da, wie ich es hätte sein können. In diesem Song bitte ich sie also um Entschuldigung.“

„Just Tell Me“ ist gleichzeitig allgemeingültig und sehr spezifisch, wie jeder gute Song über Liebe. Er fleht nach Trost und bietet Halt an. Wie weit würde man gehen, um mit einem geliebten Menschen zusammen zu sein – und was kann einen doch trennen?
Auf seinem Debütalbum „What a Tease“ stellt sich Yaryan diese Fragen. Er feiert und betrauert seine verdammte Liebe. Der Weg zu seinem Album war lang und beschwerlich, aber auch wunderschön. Yaryan, eine junge und aufregende Stimme, will nichts anderes, als eine einfache Geschichte über eine schwierige transkontinentale Liebe zu erzählen.

Yaryan ist als Sohn nordkalifornischer Hippies aufgewachsen. Er ist ein kreatives Kind, das mit Drums und Midi-Samplers seine ersten musikalischen Erfahrungen sammelt. Er wühlt sich durch Restposten in Plattenläden und dräumt davon, Hip-Hop-Beats wie seine Idole J Dilla und DJ Premier zu basteln. Es folgen ein paar eher entspannte Jahre, in denen er vor allem damit beschäftigt ist, „in Läden zu arbeiten, Skateboard zu fahren und mich zu betrinken. Ich wollte einfach nur jung sein.“ Dann sucht Hanni El Khatib, ein enger Schuldfreund, einen Schlagzeuger für seine Tour – und alles ändert sich.

„Ich habe damals gar nicht mehr aktiv gespielt, ich hatte noch nicht mal ein eigenes Schlagzeug“ erinnert sich der heute 32jährige an einem sonnigen Nachmittag in einem Park in Los Angeles. „Aber ich habe Hannis Musik einfach gefeiert und war gerade auf der Suche nach dem nächsten Ding für mich. Ich wollte wirklich immer Musik machen, ich wusste nur nicht mehr was für welche. Mein alter Weg hat sich nicht mehr nach mir angefühlt.“

Also lagerte er seine Sachen ein und reiste mit El Khatib und seiner Band für fast zwei Jahre durch die ganze Welt. Da wusste er noch nicht, dass er auf diesen Reisen seine zwei großen Lieben finden würde. Die erste ist seine Gitarre – als Teenager hatte er sich nicht getraut, sie zu spielen, sie schüchterte ihn ein. Aber jetzt hatte er die Zeit, auf ihr zu üben, bis er schließlich seine eigene Musik aufnehmen konnte und auf den Tourgig nicht mehr angewiesen war.

„Irgendwann hat es mir nicht mehr so viel gegeben“, sagt er. „Ich habe nichts selber erschaffen und konnte nur wenig beitragen. Das war immer Hannis Nummer, was natürlich toll war – das war ein wirklich guter Job! – aber es hatte nichts mit mir zu tun.“

Die zweite Liebe war, natürlich, eine unerwartete Romanze, die alles verändern sollte. Sie war Studentin aus Amsterdam, er Musiker auf Tour. Sie lernten sich durch gemeinsame Freunde kennen und blieben in den Monaten danach in Kontakt. Und als er sich von Hannis Band trennte, wagte er einen Schritt, den sich viele nicht wagen würden: er kehrte nach Amsterdam zurück und blieb einen ganzen Monat.

„Wir haben uns verliebt“, sagt Yaryan. „Es fühlte sich wirklich gut an und ich wollte gar nicht weg! Aber irgendwann musste ich wieder nach Hause.“

Wieder in Los Angeles suchte Yaryan sofort nach Arbeit. Bisher hatte er nur als Verkäufer gearbeitet, aber das passte einfach nicht zu seinem sprunghaften Terminplan. Er brauchte dringend Geld für den Flug zu ihr.

„Also hab ich auf einer Potfarm angefangen.“

Fast ein ganzes Jahr verbrachte Yaryan auf einer Plantage in Humboldt County, wo es so viele Marihuana-Farmen gibt wie Winzereien in Sonoma. Mal alleine, mal mit anderen, campte er auf der Plantage und kümmerte sich um die Pflanzen.

„Einen Monat war ich auf der Farm, einen Monat dann in Amsterdam“, erklärt er. „Dann wieder auf die Farm, dann wieder zu ihr. Das war mein Rhythmus.“

Die Arbeit an sich war einfach. Yaryan musste ganze Monate allein in der Wildnis campieren, den Blick immer aufs nächste Flugticket gerichtet. Er war völlig abgeschottet und ohne Kontakt zur Außenwelt. Eigentlich der Idealzustand für Yaryan, voll unerfüllter Sehnsucht nach einer Frau auf der anderen Seite der Welt.

Nicht nur die Beziehung der beiden begann zu wachsen, trotz geographischer und finanzieller Hürden. Wann immer er Zeit hatte zwischen Schichten auf der Grasfarm und auf Überseeflügen schrieb er Songs. Aus diesen Songs wurde sein Album „What a Tease“.

Schon die ersten Tracks – die zerfledderte Metaphorik in „Old Gloria“, der einsame Masochismus in „You Belong To Me“ – lassen die Finsternis erahnen, die in dem Album steckt. In „Just Tell Me“ geht es um den Schmerz, dabei zusehen zu müssen, wie man seine Liebe ruiniert. Flüchtige Erfolgsgefühle haben „Dreamers“ inspiriert. Aus seinem eigenen Misstrauen machte Nico den Song „Witch Love“. Doch der schwarze See seiner Gefühle hat eine entschlossene und vorsichtig optimische Unterströmung: auf Songs wie dem hallenden „Infinity“ und vor allem den beiden Schlusstracks „Your Love Never Lets Me Down“ und „I’ll Stay With You When You Die“ gibt Nico den Kampf um Liebe und Zärtlichkeit nicht auf.

Auch wenn sein Weg ihn bisher durch Täler und Schluchten geführt hat, mit vielen Problemen im Rucksack: Yaryan versichert, dass seine Songs keine Labyrinthe sind.

„Wie geht dieses Sprichwort? Warum 5-Dollar Wörter benutzen, wenn es 50 Cent auch tun?“ sagt Yaryan und spielt auf Mark Twains legendäres literarisches Diktum an. „Ich finde es interessanter, mit diesen großen Ideen und Gedankenbrocken so lange zu arbeiten, bis sie simpel und geschliffen sind. Erst dann erinnert man sich wirklich an sie.“

Das Debütalbum „What A Tease“ erscheint am 3. Juni  2016 bei Partisan Records. Die erste Single „Just Tell Me“ wird am 7. Dezember veröffentlicht.

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