HANNI EL KHATIB – FLIGHT

„FLIGHT“, das fünfte Album von Hanni El Khatib, bildet das bisher ausgeprägteste Bild von ihm als Künstler ab. Die Musik ist dicht und verwickelt, und trotzdem direkt und spontan. Es ist Garagenrock, es ist Hip Hop, es ist Soul, es ist Blues, es ist Psychedelia. Vor allem aber ist es ein brillantes Album. Eines, das den jugendlichen Spirit einfängt, mit dem Hanni El Khatib  mit der Musik begonnen hat.

Dazu veröffentlicht Hanni El Khatib auch einen neuen Song samt Video. “ALIVE” vereinigt einen narkotischen Groove und verletzten, aber euphorischen Gesang: “I can’t believe I survived”. Der Song ist nach “Stressy” und dem von Danial Pappas gedrehten Video der zweite Vorgeschmack auf das Album.

 

 

Über die Inspiration zu „ALIVE“ erzählt Hanni: „Letzten April hatte ich einen ziemlich schweren Autounfall. Jemand ist uns mit Höchsttempo hinten draufgefahren. Der Wagen war total platt und überschlug sich. Wie durch ein Wunder sind wir alle relativ unbeschadet davongekommen und hatten nur ein paar kleinere Verletzungen. Aber es hätte auch ganz anders enden können. Selbst die Sanitäter und Polizisten am Unfallort waren geschockt, dass wir noch standen. Diese Erfahrung hat mir einen ganz neuen Blick auf mein Leben gegeben, und das hatte ich echt nötig. Ich wollte dieses Gefühl irgendwie auf diesem Album einfangen. Als das Instrumental fertig war, wusste ich sofort: Das ist der perfekte Track für diese Geschichte“.

2020-03-27_13-16-03

“Flight” ist der Nachfolger von El Khatibs Album “Savage Times” von 2017 und Zusammenarbeiten mit einer ganzen Reihe von Künstlern wie Frank Leone (“Solid Gold” und “Crown”), sein Song mit dem Irgendwie-Disco-Duo De Lux aus LA (“Power Struggle”), zwei Songs mit dem mexikanisch-amerikanischen Singer-Songwriter Rudy De Anda (“Plastered Beach” und “Jealous Guy”) und dem Duo Pinky Pinky aus LA, für das er ihr aufregendes Debütalbum “Turkey Dinner” koproduziert hat.

HANNI EL KHATIB —  BIO — FLIGHT

Das Leben interessanter Künstler*innen ist ein ständiger Kampf zwischen der viel zu simplen öffentlichen Wahrnehmung und der komplexen Realität. Bei Hanni El Khatib ist das nicht anders: Seit zehn Jahren ist er die erste Adresse, wenn es um punk-stacheligen, blues-kaputten und soul-getriebenen Rock’n’Roll mit Messern zwischen den Zähnen geht – ob mit einem seiner vier umjubelten Soloalben auf Innovative Leisure, seiner Arbeit mit Dan Auerbach von den Black Keys oder als Multitalent, das elegant beißende Gitarren und Hardcore-Rap von GZA und Freddie Gibbs verbinden kann. Und auch, wenn all diese Sachen einen ganz guten Eindruck von dem vielschichtigen Musiker aus Los Angeles vermitteln, sind sie doch nicht mehr als eine schnell verfasste Bleistiftskizze.

Interessanter ist der echte Hanni El Khatib, den es schon vor der professionellen Musikkarriere gab und der sich nicht durch schlaues Marketing oder Waschzettel in Schubladen stecken lässt: ein Skaterboi aus San Francisco mit Liebe zu Rap und Punk, der nach Platten sucht, um sie auf seinem MPC in seinem Bedroom-Studio zu samplen, der schließlich Creative Director für das verdiente Streetwear-Label HUF wird. Dann das zweite Kapitel, nach seinem Umzug nach LA, um sich das ganz der Musik zu widmen, um sofort vom Radiosender KCRW enthusiastisch gefeiert und anschließend mit Florence + The Machine auf Tour zu gehen. Werbeleute wählten seine Musik für Audi-Spots aus, die während des Super Bowls liefen, die LA Times verglich seine Stimme mit „Rauch und Bourbon, herb und süß, so zeitlos wie Jeans und T-Shirts … wendig genug, um einen klassischen Sound wieder frisch klingen zu lassen.“ Auf der anderen Seite des Atlantiks schrieb The Guardian, dass El Khatib wie „die Wiedergeburt Joe Strummers als wütender junger philippinisch-palästinensischer Amerikaner“ sei.

Von 2010 bis 2017 folgte der übliche Kreislauf, wie ihn die meisten Musiker dieses Jahrtausends durchmachen: Nimm ein Album auf, geh damit 18 Monate lang auf Tour, komm nach Hause, dusch kurz und fang dann wieder von vorne an. Und damit kamen auch die üblichen Fallgruben, in die so viele Künstler stolpern, wenn sie sich jeden Abend vor mehr als 1000 Fremden auspowern müssen – bis der Traum irgendwann vorbei ist. El Khatib ist seinen Fans dankbar, trotzdem kamen irgendwann die Depressionen und die Ängste, die ihn überwältigten. Was einmal Kreativität und Spielfreude war, fühlte sich jetzt wie ein Job an. Nach der Veröffentlichung von „Savage Times“ 2017 wurde allen klar, dass El Khatib sein Leben ändern musste, sonst hätte er vielleicht bald keins mehr. Er hörte mit dem Trinken auf, ging nicht mehr auf Tour und betrat erst einmal kein Studio mehr.

Während dieser Trennung von der Musik kehrte El Khatib zu einer seiner früheren Lieben zurück: dem Design. Zusammen mit seinem langjährigen Freund und ehemaligem Boss Keith Hufnagel von HUF gründete er Metropolitan, eine beliebte Skateboard-Marke, die sich vor Kurzem mit Adidas zusammengetan hat. Langsam kehrte der Wunsch, Songs zu schreiben, zurück. Dabei half ihm, dass er seine Ansprüche reduzierte und aus seinem geräumigen Haus mit gut ausgestattetem Studio in Beachwood Canyon auszog, um sich in einer kleinen Wohnung mit Bedroom-Studio daran zu erinnern, wie er als Teenager mit der Musik begonnen hatte.

El Khatibs fünftes Studioalbum, das virtuose und raue „Flight“, begann eigentlich als spontanes Experiment. In den letzten Jahren hatte sich El Khatib eng mit Leon Michels angefreundet, der sich als Kopf der El Michels Affair und als Produzent für Giganten wie Lana Del Rey, Travis Scott, A$AP Rocky und Eminem einen legendären Ruf erworben hat und regelmäßig in Sessions von Mark Ronson spielt.

Ihre Jams waren ursprünglich als Rohmaterial gedacht, aus denen andere Produzenten Riffs und Breaks zum Samplen picken sollten, aber El Khatib wurde schnell klar, dass er keine Luste auf die Rolle als Zwischenhändler hatte. Wieso Samples einspielen, wenn sie selbst ganze Beats basteln konnten? Die Arbeit verlief zwanglos und organisch. El Khatib besuchte Michels ein paar Mal in seinem Studio in New York, und wann immer Leon in LA war, um am neuen Album von Chicano Batman oder an einem Song mit Ronson zu arbeiten, nahm er sich einen Nachmittag lang Zeit, um bei „Flight“ zu helfen.

Das fertige Produkt ist ein wilder sampledelischer Ritt, der an das wunderschöne Chaos erinnert, das die Dust Brothers auf “Paul’s Boutique” und “Odelay” entfesselt haben, oder vielleicht an die euphorische Frickelei auf „Since I Left You“ von den Avalanches, gekreuzt mit der finsteren Wut der frühen Prodigy – natürlich immer gefiltert durch El Khatibs einzigartigen Stil, den er in den letzten zehn Jahren entwickelt hat. Ein gutes Beispiel ist „Room“, der erste fertige Song des Albums: Auf Grundlage eines scheppernden Drumbreaks und eines hypnotischen Pianos nahmen El Khatib und Michels das Stück direkt auf Tape auf, und sampleten es dann extern in den Computer wie Portishead. Danach zerhäckselten sie das Stück mit Ableton, schnitten es neu und setzten es als Collage wieder zusammen. Das Ergebnis klingt wie etwas von J Dilla oder Madlib, wenn sie mit den Cramps aufgewachsen wären.

Das Ziel war, sich möglichst schnell durch die Songs zu arbeiten. Was zu lange dauerte, wurde gelöscht. Weil es El Khatib egal war, ob er die Stücke live performen könnte, hatte er alle Freiheiten. Statt feuriger Gitarrenangriffe setzt er jetzt lieber auf zwei Schlagzeugsamples, eine live eingespielte Flöte und einen weirden abgefuckten Tape-Loop, der sich auf der Bühne nicht reproduzieren lässt. Das ist musikalische Kreativität, die für sich steht. „Dumb“ klingt wie postmoderner minimalistischer Doo-Wop, der für einen Italo-Western geschrieben wurde. „Alive“ ist ein schwebender Groove, dessen narkotisches Jazz-Piano-Riff auf einer euphorischen Gesangsspur fußt, die sich leicht verwirrt wundert: „I Can’t Believe I Survived“. Und ja, „Stressy“ hat eine Hommage an „Ghostride The Whip“. El Khatib hat vielleicht die Yay Area verlassen, aber die Yay Area nicht ihn.


a41176be-586f-4601-87d2-5b6af4d2461a


TRACKLIST

1 CARRY
2 GLASSY
3 ALIVE (video)
4 COLORS
5 STRESSY (video)
6 ROOM
7 LEADER
8 GEM
9 HARLOW
10 DUMB
11 HOW
12 DETROIT
13 PEACE

KÜNSTLER: HANNI EL KHATIB
ALBUM: FLIGHT
VÖ: 15. MAI 2020
LABEL: INNOVATIVE LEISURE
VERTRIEB: !K7/INDIGO

FACEBOOK
INSTAGRAM
BANDCAMP