ROYA – das neue Album der israelisch-persischeN SÄNGERIN LIRAZ IST ERSCHIENEN

Liraz kehrt mit ihrem neuen Album Roya (Fantasie auf Farsi) zurück, einer berauschenden Mischung aus traditionell-modernen Rhythmen und retro-persischen Klängen. Aufgenommen im Verborgenen in Istanbul mit ihrer Band aus Tel Aviv und risikobereiten iranischen Musikern aus Teheran. Die Musik ist ein magisches Portal, ein Tor zu einem Ort des Friedens, der Freude und der uneingeschränkten Freiheit.

Das neue, dritte Album von Liraz ist eine Einladung zum Träumen. Hymnen, Liebesballaden, glitzernde nahöstliche Tanzmelodien …

My fantasy, I wished for peace in the world”, singt sie auf Farsi, mit dieser goldenen Stimme auf dem halluzinatorischen Titelsong: “I will not lose my hope/You’ll see, our hearts will cross.”

Liraz und ihr israelisches Sextett (drei Frauen, drei Männer) nahmen Roya innerhalb von zehn Tagen in Istanbul auf, in einem Kellerstudio, verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit und vor Kreativität nur so sprühend.  An der Violine, der Bratsche und der Tar, der iranischen Holzlaute mit Wespentaille, waren Komponisten und Musiker aus der iranischen Hauptstadt Teheran beteiligt. Dieselbe Gruppe anonymer Musiker, mit der Liraz online an ihrem hochgelobten Album Zan (2020) zusammengearbeitet hatte, ohne Fragen zu stellen, ohne Gesichter zu zeigen, unter dem Radar der Teheraner Geheimpolizei.

‘There is a passage connecting our tongue and heart, sustaining the secrets of the world and soul‘ schrieb Rumi, der größte Sufi-Mystiker und Dichter in persischer Sprache, dessen Prosa Liraz sehr schätzt. ‘As long as our tongue is locked the channel is open/the moment our tongue unlocks the passage will close.’

“Was it just in my mind? Was I really in the same room as these Iranian soul sisters and brothers?” Liraz hält inne, winkt elegant mit einer Hand.“All I remember are fragments: the fear and anxiety I felt when I knew they were on their way. The tears of joy and relief we all cried as we embraced. And the music we made! Such music!” Sie lächelt “It just poured out of us”, erzählt sie.

Mit Streichern und Wah-Wah-Gitarren, die sich durch pulsierende Elektronik schlängeln, ist die erste Single des Albums, Azizam, ein psychedelisches Wunder, das sich um einen Text rankt, der von verstörter Besessenheit erzählt (“You are the evil killing me/I, who is in love with you”). Doone Doone, das den Bassisten Amir Sadot featuret, ist eine ausgelassene Ode an die teheranischen Musiker, mit denen sich Liraz über Computer den angefreundet hat und die genau dort, in greifbarer Nähe, mit ihr zusammen aufgenommen haben. Mimiram liefert dramatische Liebesbekundungen voller bewusster Respektlosigkeit, während Omid – (was sowohl der Name eines Mannes als auch das Farsi für „Hoffnung“ ist) mit Texten einer anonymen iranischen Musikerin und Musik von Zan Co-Autor Ilan Smilan – von einem Mann namens Hope und von der Hoffnung erzählt, die ebenfalls ein Mann ist.

Das langsame, einsame Lied über den Iran, das von Streichern und Synthesizern getragene Tanha, wurde an dem Tag aufgenommen, an dem die Iraner in Istanbul ankamen – oder auch nicht. “I am singing about the boundaries that have melted between us”, sagt Liraz, die den Text verfasst und die Musik zusammen mit Smilan und Brauner Kinrot komponiert hat. “I cried a lot between takes.”

Ihr hebräischer Akzent ist deutlich zu hören (“This is my story, my culture clash”), ihr Selbstvertrauen wurde durch prestigeträchtige Auszeichnungen (sie war Songlines-Künstlerin des Jahres 2021) und internationale Anerkennung gestärkt – Liraz klang noch nie so leidenschaftlich, so stark und trotzig. Roya ist die nächste Phase einer beeindruckenden Karriere, die sich durch den Kampf gegen Unterdrückung und für das Recht von Frauen überall auf der Welt auszeichnet, zu singen, aufzutreten und gehört zu werden.

“Israel and Iran are not living in peace. Israelis cannot visit Iran, and Iranians cannot visit Israel. If Iranians contact Israelis they will go to jail”, sagt Liraz, deren Eltern, sephardische Juden iranisch-jüdischer Abstammung, nach Israel auswanderten, als die beiden Länder noch eng miteinander verbunden waren – aber auch schon vor der islamischen Revolution von 1979, wurde das Jüdischsein im Iran verschwiegen.

Ihre Großmutter wollte Sängerin werden, ein Beruf, der im Iran für Frauen verboten ist.

“Even aged 85, she is a great singer; the other day I put on a record by an Iranian singer and she got up and sang loudly. My family have to sing”, erzählt Liraz, die mit der Musik von Diven wie Ramesh und Googoosh aufgewachsen ist, die in den 60er und 70er Jahren, dem goldenen Zeitalter des persischen Pop, in Teheran gefeiert wurden. Sie liebt auch Singer-Songwriterinnen: Kate Bush, Tori Amos.

Nach Gesangs-, Musik- und Schauspielunterricht – und einer Zeit in Clubs – arbeitete sie drei Jahre lang in den USA als Schauspielerin und soielte in Big-Budget-Filmen wie Fair Game und A Late Quartet. In Teherangeles – Little Teheran in Los Angeles – fand sie ihre Leute wieder und entdeckte ihren innere Perserin: “Iran has always seemed like a lover I’ve been longing for. I can sense how it is to be Iranian but I’m not in that bubble inside Iran.”

“This paradox made me a dreamer”, fährt Liraz fort, die 2020 in der Apple TV-Spionageserie Teheran als Farsi sprechende Mossad-Agent auftrat – eine seltsame Durchdringung von Kunst und Leben. “What if I was born in Iran and could not sing – would I try and escape? There are always so many stories and visions inside my head. But I know that I need to sing, I must sing, for the muted women of Iran. And I want to sing to Iran about my feelings for Iran.”

Ihr 2018 erschienenes Debütalbum Naz, eine Sammlung von vornehmlich vorrevolutionärer Popsongs ihrer iranischen Lieblingssängerinnen, sorgte in den sozialen Medien Irans für Furore. Liraz erhielt Videos von Frauen, die fröhlich in ihren Häusern tanzten, Tschador, Kopftuch und Schleier ablegten. Iranische Musikerinnen begannen, ihr Clips, Texte und Melodien über verschlüsselte Dateien zu schicken, und so nahmen die Songs für Zan – und ihre Beziehungen zu den anonymen Musikerinnen – Gestalt an.

Mit jedem Album ist Liraz mutiger und offener geworden (fragen Sie sie nach Palästina, und sie wird auch die Rechte der Palästinenser verteidigen). Wenn die Aufnahmen in einem Untergrundstudio mit den Musikern aus Teheran ein Hirngespinst waren, dann war es ein greifbares. Das schillernde Bishtar Behand fängt die heilende Kraft des Lachens und der Zusammengehörigkeit ein. Gandomi, dessen Text und Musik anonym geschrieben wurden, preist die kulturübergreifende Romantik und das Engagement; während Joonyani von verrückter Liebe und nächtlichen Küssen erzählt, scheint das filmische Bi Hava – mit Streichern und voller Gelassenheit – den Kreis der Freundschaft zwischen Liraz, ihrer Band und den teheranischen Musikern zu schließen.

“I sing that it is not one day we are going to meet. We are already here with each other, in the now. So let us enjoy being together.”

Auf dem Schlusstrack, einer von Frauen angeführten Version des Openers Roya, tun sie genau das. “I’d felt so much power from these ladies who arrived from Iran”, sagt Liraz. “We became like sisters. On the last day, with one hour left before everyone had to go, I asked the Iranian women and the three women in my band to record a very live organic fusion of ‘Roya’.”

“We got it in one amazing take. We all cried as we hugged and said goodbye and then just like that, everyone was gone.” Ihre Augen blitzen. “Like they’d never been there at all.”

Irgendwo in der Vergangenheit, der Zukunft entgegenflatternd, fliegt ein blauer Schleier, frei, im Wind.