Luaka Bop kündigt die erste offizielle, remasterte Neuauflage von ‚Pharoah‘ an – Pharoah Sanders‘ bahnbrechendem Album von 1977

Mit dem Segen von Pharoah Sanders veröffentlicht Luaka Bop am 15. September die neu gemasterte Version von Pharoah, dem bahnbrechenden Album des Saxophonisten aus dem Jahr 1977. Mit zwei bisher unveröffentlichten Live-Auftritten seines Meisterwerks Harvest Time und einer 24-seitigen Publikation mit selten gesehenen Fotos, Archivmaterial, Interviews und einem Gespräch mit Pharoah selbst, enthüllt dieses Box-Set ein Kapitel von Pharoah Sanders‘ Leben und Musik, wie man es noch nie zuvor gehört und gesehen hat.

Nach Pharoahs vielbeachteter Zusammenarbeit mit Floating Points auf Luaka Bop im Jahr 2019, die die Jazz-Legende erneut mit einem globalen Publikum in Verbindung brachte, wird die Veröffentlichung von Pharoah durch eine Reihe einzigartiger Konzerte begleitet: The Harvest Time Project: A Tribute to Pharoah Sanders, mit dem Original-Gitarristen des Albums und einer Auswahl verschiedener musikalischer Ensembles, die in verschiedenen Zusammensetzungen für Shows rund um die Welt zusammenkommen werden. Die Premiere findet beim Le Guess Who? Festival im November statt und wird das Projekt Pharoah zum Leben erwecken und sicherstellen, dass das Album seinen rechtmäßigen Platz als eines der großen Werke des 20. Jahrhunderts einnimmt.

Ein kühnes Experiment und eine Liebeserklärung, die in einer missglückten Session und einem Zwei-Akkord-Meisterwerk wurzelt – die Entstehungsgeschichte dieses Albums ist so rätselhaft wie alles an Pharoah selbst. Es entstand aus einem Missverständnis zwischen ihm und dem India Navigation-Produzenten Bob Cummins und wurde an einem Scheideweg in Pharoahs Karriere mit einer Gruppe von Musikern aufgenommen, die so unterschiedlich waren, dass sie nie wieder im selben Raum waren. Da waren der Gitarrist und spirituelle Guru Tisziji Muñoz, der Organist Clifton „Jiggs“ Chase, der später „The Message“ von Grandmaster Flash & The Furious Five mitschrieb und produzierte, und die klassisch ausgebildete Pianistin und damalige Ehefrau Bedria Sanders, die das Harmonium spielte, obwohl sie nie eines gesehen hatte. Mal atmosphärisch und ruhig, mal funky und modal, entfernt sich Pharoah radikal von seinen früheren Arbeiten.

Als Pharoah das erste Mal in Bobs Studio auftauchte, brachte er eine veritable Rockband mit – E-Gitarre, Orgel, Bass, Schlagzeug – und überraschte Bob mit der Anzahl der Leute. Unnötig zu erwähnen, dass die Aufnahme nicht so verlief, wie beide gehofft hatten. Pharoah war so enttäuscht, dass unklar war, ob die Platte jemals veröffentlicht werden würde. Aber Pharoah und Bob beschlossen, es noch einmal zu versuchen, und bei ihrem zweiten Treffen spielte Pharoah die Komposition Harvest Time, die seitdem als eine seiner größten künstlerischen Errungenschaften gilt.

Auf Harvest Time gibt es kein Schlagzeug, nur Gitarre, Bass, Harmonium und Saxophon. Bedria ist der Meinung, die Komposition sei spontan entstanden. Tisziji hat es auch so in Erinnerung: “Pharoah said, ‘Man, you know, come up with something.’ So I came up with something and it stuck” erzählt Tisziji. “We all got into it, and I guess it became a masterpiece for people. Write the two-chord masterpiece in C minor. Beautiful, perfect.”

Dann bat Pharao Bedria, dem Stück einen Namen zu geben. “I guess it’s just what came to my head because it was in the fall”, erinnert sie sich. “It was harvest time in September. That’s my favorite time of the year.” In ihren Linernotes nennt Harmony Holiday Pharoah “a love letter” an Bedria. Ihre Anwesenheit ist überall auf dem Album zu hören -– sie war die einzige von Pharoahs Ehefrauen, die jemals auf einer seiner Platten mitgewirkt hat, und aus seinem wilden, improvisierten Gesang auf Love Will Find a Way geht hervor, dass Bedria die Inspiration für einen Großteil der Musik war.


Pharoah

A1. Harvest Time
B1. Love Will Find a Way
B2. Memories of Edith Johnson
Harvest Time Live 1977
C1. Harvest Time Live – Version 1
D1. Harvest Time Live – Version 2


Doch mehr als vierzig Jahre nach der Erstveröffentlichung des Albums im Jahr 1977 blieb Pharoah dem Album gegenüber zwiespältig – ein Künstler, der seinem Spiel stets kritisch gegenüberstand und sich seiner Fähigkeiten nicht sicher war. Im Laufe der Jahre hatte Pharoahs Schweigen über das Album eine Art Mystik geschaffen – Fans sahen es als den Heiligen Gral seiner Aufnahmen an, was schließlich zu einer Fülle an Bootlegs führte.

Während seiner Zusammenarbeit mit Floating Points baute Luaka Bop eine gegenseitige vertrauensvolle Beziehung zu Pharoah auf und vereinbarte, das Album im Frühjahr 2022 neu aufzulegen. Dabei arbeitete Luaka Bop eng mit Pharoah zusammen, um die Geschichte rund um die Entstehung des Albums zu erzählen, und es wurde sogar darüber gesprochen, es live aufzuführen. Kurz darauf, im September 2022, verstarb er.

Heute, sechsundvierzig Jahre später, versucht das Remastering des Albums, der Musik endlich gerecht zu werden und sich dem anzunähern, was Pharoah vorschwebte. Das Originalalbum wurde während einer intensiven Europatournee im Spätsommer 1977 aufgenommen und wird von zwei bisher unveröffentlichten Live-Aufnahmen von Harvest Time begleitet. Unterstützt durch Interviews, Fotos und Zeitdokumente, die nie zuvor veröffentlicht wurden, werden Pharoahs Persönlichkeit und seine Intentionen für dieses Album zum ersten Mal lebendig, mit Recherchen und Essays von Harmony HolidayMarcus J. Moore und Pierre Crépon, die im Laufe des Herbstes online auf PharoahSanders.com/HarvestTime veröffentlicht werden.

2023 und 2024 wird die Veröffentlichung des Boxsets durch The Harvest Time Project: A Tribute to Pharoah Sanders unterstützt – einer weltweiten Reihe von Live-Performances mit verschiedenen Ensembles, die die ikonische Komposition neu interpretieren. Die Weltpremiere findet im Rahmen des Le Guess Who?-Festivals (12. November) statt, mit Irreversible EntanglementsDomenico Lancellotti und Special Guest Tisziji Muñoz, unter der musikalischen Leitung von Joshua Abrams. Zu Ehren von Pharoahs Geburtstag findet im National Sawdust (14. Oktober) eine spezielle Workshop-Performance statt.

Sowohl für langjährige Hörer als auch für neue Anhänger wird Pharoah nie mehr so klingen wie zuvor.

Pharoah Sanders
Der in Little Rock, Arkansas, auf dem Höhepunkt der Jim-Crow-Ära geborene Pharoah Sanders war eine der letzten musikalischen Ikonen seiner Generation, als er im vergangenen Herbst, am 24. September 2022, starb. Er wurde von John Coltrane ausgesucht und spielte auf dessen späten Meisterwerken mit. Danach veröffentlichte er eine Reihe umfangreicher Aufnahmen unter seinem eigenen Namen für das Label Impulse!, die von Prince über Iggy Pop bis hin zu Marvin Gaye als entscheidender Einfluss genannt werden. Im Laufe seiner über fünfzig Jahre andauernden Karriere nahm Pharaoh einige der am meisten bewunderten – und umstrittensten – Alben der Jazzgeschichte auf und entwickelte einen wilden, anarchischen Sound, der über Jahrzehnte hinweg in allen Genres nachhallte und schließlich Ende der 80er Jahre mit einem GRAMMY ausgezeichnet wurde. 

Im Jahr 2016 verlieh ihm das National Endowment for the Arts den prestigeträchtigen Titel Jazz Master, die höchste Auszeichnung des Genres. Sein letztes Album Promises, das er 2021 mit Floating Points und dem London Symphony Orchestra veröffentlichte, wurde als “a late-career masterpiece”  bezeichnet und von mehreren Publikationen auf der ganzen Welt als Album des Jahres ausgezeichnet, darunter Platz 1 im TIME Magazine und in der New York Times sowie Platz 2 im New Yorker, in dem es als “…an extraordinary intimate experience…” beschrieben wurde.